„Das Subjekt kann uns belügen“
Bericht: Lacan zur Einführung Vortrag von Christoph Bialluch
vom 13. Januar 2012
„Lacan radikalisiert die von Freud begonnene Kritik an einem autonomen Ich.“ Mit dieser These eröffnete Dr. phil. Christoph Bialluch seinen Einführungsvortrag zu Jacques Lacan im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Ansätze kritischer Psychologie(n)“.
Die Theorien Lacans wurde zwar explizit für Psychoanalytiker_innen formuliert, das Lacan’sche Denken zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, nicht formal einer einzelnen Disziplin zugerechnet werden zu können. Lacans strukturale Psychoanalyse bedient sich u. a. Theorien der Literaturwissenschaft, der Philosophie, der Linguistik und den Erziehungswissenschaften. Diese Interdisziplinarität Lacans spiegelte sich auch in der Heterogenität der von den Besucher_innen des Vortrags vertretenen Fachbereiche wieder.
Bialluch arbeitete in seinem Vortrag heraus, wie das Subjekt bei Lacan durch drei Ordnungen – das Reale, das Imaginäre und das Symbolische – strukturiert wird. Lacans Theorie des Spiegelstadiums folgend, bildet das Subjekt, wenn es sich erstmals im Spiegel betrachtet, eine imaginierte Vorstellung von sich als einer Ganzheit. Bialluch stellt heraus, dass Subjektivierung damit konstitutiv mit einer Verkennung verknüpft ist. Das Reale erscheint in diesem Modell als etwas im Subjekt, das sich nicht fügt, sich dem Subjekt stets entzieht und dennoch auf dieses einwirkt.
So erfährt das Subjekt eine ständige, nicht aufzulösende Entfremdung von sich selbst. Wie in seiner Dissertationsschrift „Das entfremdete Subjekt – Subversive psychoanalytische Denkanstöße bei Lacan und Derrida“, arbeitet Bialluch auch in dem Vortrag den kritisch-emanzipatorischen Erkenntnisgehalt dieser Theorie gebrochener Subjektivität heraus: Das Subjekt ist uneins mit sich selbst und erlebt diesen Mangel als nicht zu stillendes Begehren, welchem ein subversives Potential innewohnt.
AK kritische Psychologie // Frankfurt
Dr. Christoph Bialluch ist im Vorstand der Neuen Gesellschaft für Psychologie (NGfP). Zur Zeit organisiert er unter anderem den Kongress „Sozialpsychologie des Kapitalismus – Zur Aktualität Peter Brückners“ der vom 1. bis zum 4. März 2012 an der FU Berlin stattfinden wird.
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